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Er liebte Gott, die Menschen und die Freiheit - Pfarrer Josef Neunzig. Nach ihm ist in Halver das Pfarrer-Neunzig-Haus an der katholischen Kirche benannt. Lange galt er als einziges NS-Opfer in Halver.

Staatsfeind oder Priester

In den Augen der Nationalsozialisten war der Geistliche ein "Staatsfeind" und sie sperrten ihn ein - im Konzentrationslager Dachau. Doch von Anfang an: In Bedburg wurde Josef Neunzig am 1. März 1904 als Sohn eines Zeitungsverlegers und Buchdruckereibesitzers geboren. Bereits im Kindesalter wuchs der Wunsch Pfarrer zu werden. Den Theologen zog es nach Trier. Dort oblag er daher auch seinen philosophischen und theologischen Studien im Priesterseminar. Anschließend studierte er in Bonn Volkswirtschaft und in Freiburg i.B. Caritaswissenschaft und legte ein Diplomexamen ab. Im März 1932 wurde er im Trierer Dom durch Bischof Bornewasser zum Priester geweiht.

Erstes Wirken als Kaplan

Sein erstes Wirken als Kaplan leistete er in der großen Pfarrei Plaidt in der Pellenz. Der damalige Pfarrer Greweling schreibt über ihn: "Mein Kaplan ist nicht nur korrekt, sondern auch gewinnend, eifrig und ein Freund der Jugend in der Arbeit an Sturmschar und DJK. Er besitzt echte Führerqualitäten, weiß jedenfalls andere tüchtig anzuspannen und zuweilen auch auszunützen."

Jugendseelsorger

"Von 1933 bis 1935 arbeitete er in der Pfarrei Fraulautem als forscher Jugendseelsorger und baute mit an der Arbeit der Sturmschar in den Jahren des Kampfes, die uns allen unvergesslich sind. Weitere Etappe wird ihm Freisen, die kinderfrohe Gemeinde unter Pfarrer Stinner, der von ihm sagt: "Mein Kaplan ist kirchlich treu, sehr willig und beliebt bei Jung und alt."

Alle Menschen und Rassen besitzen vor Gott die gleichen Rechte

Diese Jahre werden Kampfzeit für ihn, der offen und klar der braunen Flut entgegentritt - zuweilen in einer Art und Weise, die ihn zum Feind der Partei stempeln musste. So kam er eines Morgens in die Freisener Schule und sah auf der Tafel den Tagesspruch: "Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts in der Welt." Der Kaplan lächelt und sagt zu einem Kind: "Nimm die Kreide und schreibe darunter: ,Hochmut kommt vor dem Fall!' " Dann benutzt er die Stunde, um den Kindern zu erklären, was wirklich Gottesfurcht ist; er zeigt ihnen auf, dass alle Menschen und Rassen vor Gott die gleichen Rechte besitzen und sich echte Gerechtigkeit vor jeder Überheblichkeit bewahren muss. Das jedoch galt in den Augen der Partei als "Provokation der NSDAP" und endete mit langen Verhandlungen, in denen dem Kaplan die Erlaubnis zum Religionsunterricht entzogen wird. Bald nach Kriegsbeginn wird er von der Regierung aus der Diözese Trier ausgewiesen. (...)" (Quelle: Münch, Maurus: Unter 2579 Priestern in Dachau, 2. Auflage, Trier 1970)

Konzentrationslager Dachau

Nach der Ausweisung zum 30. November 1939 aus dem Gebiet der Diözese Trier begann Josef Neunzig im Sommer 1940 die Tätigkeit als Seelsorger für die "Saarrückgeführten" in Orschersleben (Bode), ehe er am 3. Januar 1941 als Pfarrvikar in Halver (damals Bistum Paderborn) arbeitete. Im August des gleichen Jahres ließ er polnische Zwangsarbeiter das Ende eines Regenschauers unter dem Vordach des Pfarrheims abwarten. Dabei gab Josef Neunzig den Polen entweder etwas zu essen oder zu rauchen (hier unterscheiden sich die Quellen). Fakt ist: Neunzig wurde wegen dieser Handlung bei der Polizei angezeigt. Nachdem er von einer einwöchigen Reise wiederkam, wurde er am 23. August 1941 verhaftet. Seine Schwester Christa Neunzig erinnert sich: "Als wir (...) gemütlich beim Kaffeetisch saßen und Josef von seinen Ferien erzählte, schellte es an der Haustür. Ein Polizist stand draußen und verlangte Josef zu sprechen. Die beiden verschwanden im Arbeitszimmer. Uns ahnte nichts Gutes. Bald kam Josef und erklärte, er müsse mit dem Beamten nach Dortmund. Das Nötigste wurde eingepackt. Das war ein ernster Abschied."

Die Gestapo brachte Neunzig ins Dortmunder Gefängnis Steinstraße. Nach unzähligen Verhören und Erniedrigungen erfolgte Mitte Oktober die Deportation ins Konzentrationslager Dachau. In seinem Schutzhaftbefehl hieß es: ,,Wegen Verteilung von Geschenken an polnische Arbeiter gibt Pfarrer Neunzig Anlass zu Missstimmungen in der Bevölkerung."

Entlassung aus Dachau

Laut Häftlingskartei ist Josef Neunzig am 9. April 1945 mit einer kleinen Schar von Priestern aus dem KZ Dachau entlassen worden. Dennoch blieb er in der Nähe des Lagers. Oft kam er in Zivil als Käufer in die Plantage, wo noch bis zur Befreiung des Konzentrationslagers am 29. April 1945 gearbeitet wurde. "Er brachte viel mehr mit, wenn er kam, um den Hungernden zu helfen, als er mitnahm beim "Kauf" von Blumen oder deutschen Gewürzen. Bis zu seinem Tode besaß er einen erstaunlich großen Freundeskreis ehemaliger Gefangener aus allen Schichten, Nationen und Weltanschauungen", heißt es in "Unter 2579 Priestern in Dachau".

Persilscheine

Ende Mai 1945 kehrte Neunzig nach Halver zurück. "Jenseits von Hass und Rachsucht schrieb er für viele Menschen entlastende Briefe und verhandelte mit den Offizieren und Beamten der britischen Militärregierung. Sein Wort hatte Gewicht", heißt es in den Aufzeichnungen von Walter Köster (Amts- und Gemeindebürgermeister von 1946 bis 1950). Damit ist gemeint, dass Neunzig sich selbst für ranghohe Halveraner Nationalsozialisten einsetzte und sogenannte "Persilscheine" ausstellte. "Nicht ich oder wir Menschen, sondern nur Gott hat das Recht zu richten", soll Josef Neunzig damals gesagt haben. Die Militärregierung hingegen glaubte dem Pfarrer, da er selbst im Konzentrationslager gesessen hatte. Aus diesem Grund wurden viele Verfahren eingestellt und Nazis aus Gefangenschaft entlassen.

Neunzig war nach Ende des Krieges der "Motor zur Gründung der CDU" in Halver.

Bundesverdienstkreuz

Drei Jahre nach Kriegsende ist er nach Herdorf abberufen worden. Von dort kam er 1956 als Pfarrer nach Bad Bertrich. Hier verlieh ihm Professor Theodor Heuss das Bundesverdienstkreuz, und sein Bischof lohnte sein beispielhaftes Wirken im Dienst an den Gefangenen und Armen mit der Ernennung zum Geistlichen Rat.

Am 1. Mai 1965 hatte Neunzig einen Verkehrsunfall, als er zu einem Treffen ehemals in Dachau inhaftierter Priester fahren wollte. An den Folgen verstarb er am 4. August 1965 in München. Er wurde in Bad Bertrich beerdigt.

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